gefördert durch: Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages
Studie vom September 2018
Es geht hier nicht um unsere Arbeit hier in Ilvesheim, sondern um die Situation in Deutschland, aber es gibt einige Parallelen zur lokalen Situation. Diese Studie liefert wertvolle Hilfestellung zur Selbsterkenntnis sowohl für Ehren- als auch für Hauptamtliche und beinhaltet eine Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen für alle Beteiligten.
Auszüge daraus:
Der positive Aspekt: es gibt viele Hauptamtliche, die sich um das Wohl der geflüchteten Menschen willen oder aus Sympathie für das Engagement in diesem Bereich Ehrenamtliche durch Information, Vermittlung und das Ausschöpfen von Ermessenspielräumen unterstützen, obwohl dies „eigentlich“ nicht zu ihren Aufgaben gehört. Die Anerkennung, die dieser Gruppe von Hauptamtlichen gezollt wird, steht in keinem Verhältnis zu dem Engagement, das hier gezeigt wird. Manche Hauptamtliche sehen sich trotz ihrer Bemühungen noch immer mit Kritik konfrontiert, weil das, was sie erreicht haben, den Ehrenamtlichen nicht weit genug geht. Um zu einer Anerkennungsbalance zu gelangen, sollte die Grenze zwischen beruflicher Pflicht und darüber hinausgehendem Engagement verdeutlicht werden.
Jede Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen bringt für Hauptamtliche zunächst einmal zusätzliche Belastungen mit sich, weil konkrete Bedingungen der Kooperation erst ausgehandelt werden müssen und alle Zeit brauchen, um sich aufeinander einzustellen. Dieser Prozess setzt gegenseitiges Verständnis voraus. Eine konstruktive Kooperation mit Ehrenamtlichen für die Hauptamtlichen ist meist eine kluge Entscheidung, weil sie die hauptamtliche Arbeit einfacher machen kann.
„Wut“ ist sicher kein Begriff, den man leichtfertig niederschreiben sollte. Wenn wir dies dennoch tun, so in der Überzeugung, dass kein anderer Begriff die Stimmungslage vieler Ehrenamtlicher gegenüber Behörden angemessener wiedergeben kann. Diese Wut richtet sich bei weitem nicht gegen alle Hauptamtlichen, denn es gibt auch Hauptamtliche, bei denen Ehrenamtliche den Rat und die Unterstützung bekommen, die sie sich wünschen. Wut wird von vielen Ehrenamtlichen geäußert und von vielen Hauptamtlichen wahrgenommen und deswegen wird das Kooperationsklima nachhaltig belastet.
Die Hauptamtlichen erfahren in ihren Kontakten mit Ehrenamtlichen, dass es viel Kritik am Verwaltungshandeln gibt und diese Kritik trifft immer auch die Menschen, die dieses Verwaltungshandeln vorantreiben. Selbst bei kooperationsbereiten Hauptamtlichen ist deswegen oft eine defensive Haltung im Umgang mit Ehrenamtlichen festzustellen.
Enttäuschung über mangelnde Unterstützung durch die Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung kann zur Auflösung ganzer Helferkreise führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn lokale Politik und Verwaltungsspitze die Bürgerschaft zunächst zum ehrenamtlichen Engagement für Geflüchtete aufgerufen hatten, die Unterstützung dann aber zu wünschen übrig ließ.
Mangelnde Aufmerksamkeit für das Ehrenamt muss keineswegs darauf zurückgehen, dass seine Bedeutung für das Gemeinwesen gering geschätzt wird. Oft ist stattdessen festzustellen, dass das Ehrenamt – und damit sein Leistungsbeitrag – für selbstverständlich genommen und entsprechend kaum Bedarf an Förderung und Unterstützung wahrgenommen wird.
Anerkennung: Während es mittlerweile sehr weit verbreitet ist, das ehrenamtliche Engagement verbal zu würdigen, unterscheiden Ehrenamtliche sehr deutlich zwischen dem, was aus ihrer Sicht Lippenbekenntnisse sind und einer Anerkennung, die mit faktischer Unterstützung einhergeht.
„Ehrenamtliche als unbekannte Wesen“: Zur Verbesserung der Kooperation zwischen den Leitungen der Kommunen und der ehrenamtlichen Arbeit für Geflüchtete und zur Sicherung angemessener Rahmenbedingungen für diese Arbeit sollte das Thema „Ehrenamt in der Kommune“ stärker auf die Agenda genommen werden. Nach wie vor ist der Umgang mit Ehrenamtlichen nur selten Gegenstand von beruflichen Fortbildungen. Unter diesen Bedingungen kann es eher als positive Überraschung gelten, wenn eine konstruktive Kooperation zustande kommt.
Viele Hauptamtliche haben keine Erfahrung mit ehrenamtlichem Engagement. Sie haben in ihrer beruflichen Tätigkeit nie mit Ehrenamtlichen zusammengearbeitet und sind nicht auf eine solche Kooperation vorbereitet. Oft fehlt es an Information und Verständnis über die jeweils andere Seite. Eine klare Definition und Transparenz der Rollen sowohl der Haupt- als auch der Ehrenamtlichen ist nötig.
Auch muss festgestellt werden, dass Ehrenamtliche sich nicht selten mit Anfragen und Erwartungen an die Hauptamtlichen wenden, die diese zeitlich, inhaltlich oder von der Zuständigkeit her nicht erfüllen können. Dies gilt insbesondere unter dem erhöhten Arbeitsdruck, den die starke Zuwanderung auch für die Hauptamtlichen mit sich gebracht hat. Hier gibt es Anliegen, für die im kommunalen Unterstützungssystem durchaus Ressourcen bereitstehen, die aber an die falsche Stelle gerichtet werden, aber auch solche, die die zeitlichen Möglichkeiten der Hauptamtlichen übersteigen.
Insbesondere dann, wenn man die eigene hauptamtliche Tätigkeit nicht mehr oder nicht mehr sehr attraktiv findet und sie vornehmlich zur Bestreitung des Lebensunterhaltes ausübt, erscheinen Ehrenamtliche schnell „irgendwie seltsam“, weil diese Aufgaben übernehmen, die denen der Hauptamtlichen verwandt ist, dies aber freiwillig, unentgeltlich und auch noch mit Begeisterung tun. Nicht selten sind die spezifischen Kenntnisse von Ehrenamtlichen höher als die der Hauptamtlichen, mit denen sie es zu tun haben.
Mangelnde Dankbarkeit und Wertschätzung für die geleistete ehrenamtliche Arbeit ist einer der wichtigsten Gründe, warum Ehrenamtliche ihr Engagement beenden.
Nimmt man die geschilderten Befunde zur Anerkennung bzw. zur ausbleibenden Anerkennung der Ehrenamtlichen in der Arbeit mit Geflüchteten zusammen und fügt die Tatsache hinzu, dass viele Ehrenamtliche zu Beginn ihres Engagements in der Phase der Nothilfe keineswegs die Aufgaben im Sinn hatten, die sie jetzt in der Phase der Integrationsbegleitung erfüllen, so muss man zu dem Schluss kommen, dass das Engagement in der Arbeit mit Geflüchteten noch immer erstaunlich stabil ist. Gegenüber den Rekordständen Ende 2015/Anfang 2016 hat die Zahl der Ehrenamtlichen zwar abgenommen, aber nahezu alle Helferkreise sind weiterhin aktiv.
Zur kompletten Studie geht es hier.