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Das Leben in einer Ilvesheimer Flüchtlings-WG

Vielfalt der Menschen

 

Verschiedene Sprachen – haben wir nur in wenigen WGs -  führen dazu, dass man sich weder gut unterhalten noch zu bestimmten Themen absprechen kann. Mit Händen und Füssen versucht man dann eine Verständigung darüber herbeizuführen, wer wann Küchendienst hat oder die Mülleimer leert. Und die Kommunikation ist dann so mühevoll, dass so gut wie gar keine Gespräche stattfinden. Statt sich aneinander zu gewöhnen, ein Verhältnis zueinander aufzubauen und von den Kenntnissen und Erfahrungen der andern zu profitieren, leben diese Flüchtlinge von Anfang an nebeneinander her – und bleiben sich leider fremd.

 

Verschiedene Generationen - da liegt nun also ein Teeny im Etagenbett über dem Familienvater. Der eine hört Musik vom Handy, der andere betet. Der eine ist Analphabet, der andere hat Abitur. Der eine träumt von seiner Frau und den Kindern, der andere von Helene Fischer. Die kennt er von der Musiksuche im Internet. Er findet sie toll. Die anderen haben keine Ahnung von ihr.

 

Verschiedene Interessen - ergeben keine gemeinsamen Bezugspunkte. Eingekauft und gekocht wird getrennt. Gemeinsam wurde mal Sonntags am Neckarufer gekickt. War aber nicht toll. Unter der Woche können sie kaum etwas zusammen unternehmen. Zu verschieden sind die Tagesabläufe, die Arbeits- oder Schulzeiten.

 

Verschiedene Gemüter – Draufgänger sind in der Minderheit! Soviel Schüchternheit kann nicht angeboren sein. Es war schon mal besser. In letzter Zeit geht es immer schlechter. Einer unserer Flüchtlinge vermeidet es inzwischen sogar das Nötigste mit seinen Mitbewohnern zu sprechen. Er geht in die Küche, putzt Gemüse, isst und zieht sich dann sofort wieder in sein Bett zurück. Dort schaut er auf’s Handy. Stundenlang. Er hat keine Familie und keine Freunde. Wir können ihm leider nicht helfen. Sein Deutsch ist noch nicht gut genug, um etwas mehr an ihn heranzukommen oder ihn vielleicht zu einer Behandlung bewegen zu können. Man müsste auch erst mal einen Psychologen finden, der seine Sprache spricht. Seine Mitbewohner bemerken die Veränderung, aber können ihm auch nicht helfen. Er ist zu verschlossen. Wohnen auf engstem Raum mit Fremden.

 

Verschiedene Träume - das hat noch keiner verlernt. Der älteste will unbedingt eine Ausbildung beginnen. Dass es mit 33 Jahren nun schon zu spät sein soll, das will er einfach nicht akzeptieren. Dass es für ihn in der Berufsschule wegen fehlender Deutschkenntnisse zu schwierig werden könnte, schreckt ihn auch nicht ab. Dass er 3 Jahre lang von wenig Geld leben muss, macht ihm nichts aus – sagt er - jetzt. Er will sich durchzubeißen. Einfach ist es nicht, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Wegen des befristeten Aufenthaltsrechts (meist nur für 2 Jahre) und der Wohnsitzauflage für Ilvesheim. Aber er hat jetzt einen Ausbildungsvertrag für Wieblingen in der Hand. Seine Paten haben ihm geholfen die Wohnsitzauflage löschen zu lassen. Er durfte jetzt umziehen. Und ein Zimmer in einer nahegelegenen WG hat er auch gefunden. Wow! Ein eigenes Zimmer. Nach all den Jahren ein echter Luxus! Er verlässt Ilvesheim und eine WG, in der er niemals zuhause war...

 

Falls Sie Lust haben, Geflüchteten bei ihrem Neuanfang zu helfen, nehmen Sie bitte Kontakt mit doris.hartmann@integration-ilvesheim.de auf. Oder kommen Sie einfach mal vorbei – z.B. zum Café der Kulturen am 16. Oktober um 19 Uhr im JUZ.